Geothermie und ihre Nutzung
Die Bezeichnungen Geothermie und Erdwärme beziehen sich sowohl auf die unterhalb der Erdoberfläche natürlich und technisch gespeicherte thermische Energie als auch auf deren Erforschung und Nutzung. Die thermische Energie lässt sich zum Heizen und Kühlen sowie zur Erzeugung von elektrischem Strom einsetzen. Aktive Wärmespeicherung erlaubt den Ausgleich von saisonalen Schwankungen des Bedarfs. Wärmenutzung und Stromerzeugung lassen sich auch in sogenannten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist die gleichzeitige Gewinnung von mechanischer Energie und nutzbarer Wärme. Die mechanische Energie wird in der Regel unmittelbar in elektrischen Strom umgewandelt. Die Wärme wird für Heizzwecke, als Nah- oder Fernwärme oder für Produktionsprozesse als Prozesswärme genutzt. kombinieren.
Geothermische Energie steht unabhängig von Jahres- und Tageszeiten zur Verfügung und eignet sich daher im Unterschied zu vielen anderen erneuerbaren Energien dazu, Grundlastanlagen Anlagen, die zur Deckung der Grundlast im Energiesystem genutzt werden. zu betreiben. Geothermie gilt als erneuerbar, da aufgrund der Temperaturverhältnisse und der Transportprozesse Wärme in das Reservoir Reservoir bezeichnet Gestein, dessen Zwischenräume hier als Speicher für Thermalwasser dienen. im Untergrund nachfließt.
Oberflächennahe Erdwärmesonden und Grundwassernutzung machen Geothermie für Wohngebäude oder einzelne industrielle Anlagen nutzbar. Das Projekt GECKO bezieht sich auf die Nutzung der Erdwärme aus dem tiefen Untergrund und somit auf die Versorgung größerer Einheiten, wie Kommunen, Stadteile und Gewerbegebiete.
In Deutschland umfasst die Tiefengeothermie folgende Nutzungssysteme:
- Hydrothermale Systeme Hydrothermale geothermische Systeme basieren auf der Nutzung natürlich vorkommenden Thermalwassers im offenen Kreislauf in wirtschaftlich ausreichender Menge.
- Verbesserte geothermale Systeme (Enhanced Geothermal Systems – EGS) EGS basieren auf der Nutzung natürlich vorkommenden Thermalwassers in wirtschaftlich nicht ausreichender Menge. Durch Ertüchtigungsmaßnahmen werden sie in wirtschaftliche Projekte überführt.
- Tiefe Erdwärmesonden Tiefe Erdwärmesonden nutzen geschlossene Systeme, in denen dem Untergrund Wärme durch Wärmeleitung entzogen wird.
Die geothermischen Ressourcen in Deutschland sind auf folgende Regionen verteilt:
- Molassebecken des Voralpenlands
- Oberrheingraben
- Norddeutsches Becken
Beispiel Oberrheingraben
Geologischer Aufbau
Beim Oberrheingraben in seiner heutigen Ausdehnung von Basel im Süden bis nach Frankfurt am Main im Norden und in seiner heutigen Ausprägung handelt es sich um einen tektonischen Graben. Die bis zum Jura (endete vor rund 145 Millionen Jahren) vorherrschende Schichtenfolge wurde seit dem Paläogen (begann vor rund 66 Millionen Jahren) aufgebrochen. Entlang der Bruchlinien (tektonische Störungen) senkten sich die Sedimentschichten sukzessive um teilweise mehrere Tausend Meter ab.
Gleichzeitig hoben sich die Randbereiche der Vogesen und des Schwarzwalds. Der so entstehende Graben füllte sich wiederum mit neuen Ablagerungen unterschiedlichen Ursprungs. Heute finden aufgrund des Drucks von Süden an den damals angelegten Störungen oft Seitenschiebungen statt.
Positive Temperaturanomalie
Die Störungen sind noch heute für den Wärmehaushalt im Untergrund relevant. Entlang der Störungszonen können Fließwege für Tiefenwasser entstehen. Mit dem Tiefenwasser aus tiefen Lagen wird gespeicherte Wärme in höhere Schichten transportiert. Dies wird konvektiver Wärmetransport genannt. Dadurch erhöht sich die Temperaturzunahme mit der Tiefe von üblicherweise drei Grad Celsius auf 100 Meter im Bereich des Oberrheingrabens auf fünf Grad Celsius auf 100 Meter. Die Temperaturzunahme (geothermischer Gradient) im Raum Karlsruhe und besonders in der Region um den KIT Campus Nord gehört mit mehr als zehn Grad Celsius auf 100 Meter zu den höchsten in Deutschland. Der Standort eignet sich daher besonders gut für eine geothermische Nutzung.
Geothermie im tiefen Untergrund am KIT-Campus Nord
Der Untergrund des Campus Nord weist neben den günstigen thermischen Bedingungen auch fluidführende Einheiten in verschiedenen Tiefenbereichen auf:
- Die Schichten des alten Erdölfelds Leopoldshafen haben nachweislich gute Speichereigenschaften.
- Die Temperaturanomalie Im Mittel beträgt die Temperaturzunahme mit der Tiefe 30 °C pro Kilometer. Werte, die darüber liegen werden als Temperaturanomalie bezeichnet. Im Oberrheingraben werden Zunahmen bis >100 °C gemessen. Dies ist auch unterhalb des KIT-Campus Nord der Fall. Somit eignet sich dieses Gebiet für eine Nutzung der Wärme aus dem Untergrund. deutet auf natürliche Fluidzirkulation im tiefen Untergrund hin.
Somit erlaubt der Untergrund die Entwicklung eines
- Wärmespeichers in den wasserführenden Randbereichen des alten Erdölfeldes und einer
- Thermalwassergewinnung aus den Bereichen in denen natürliche Zirkulation (konvektiver Wärmetransport) vorherrscht.
Der Betrieb in diesen Systemen erfolgt üblicherweise über mindestens zwei Bohrungen. Eine solche geothermische Dublette besteht aus einer Produktionsbohrung und einer Injektionsbohrung. Mithilfe der Produktionsbohrung wird das Thermalwasser aus dem Untergrund nach oben geholt. Nach der Abkühlung in der oberirdischen Anlage wird das Wasser durch die Injektionsbohrung in das Reservoir Reservoir bezeichnet Gestein, dessen Zwischenräume hier als Speicher für Thermalwasser dienen. in der Tiefe zurückgeführt. Zusätzlich lässt sich in einem Wärmespeicher im Sommer Überschusswärme einlagern.
Das KIT exploriert seit April 2019 zu beiden Möglichkeiten den tiefen Untergrund im Rahmen einer gemeinsamen Aufsuchungserlaubnis für Erdwärme und Sole mit der EnBW Energie Baden-Württemberg AG. Während die Erstellung eines Hochtemperaturwärmespeichers heute noch ein rein wissenschaftliches Projekt darstellt, gibt es für die Thermalwassergewinnung bereits eine Reihe von erfolgreichen Beispielen auch im Oberrheingraben. Die Genehmigung des Geothermieprojekts oder einer Bohrung sind in der Aufsuchungserlaubnis noch nicht enthalten.